Mehterhane – Die Janitscharenmusik

Mehterhane – Die Janitscharenmusik

Mehterhane – Die Janitscharenmusik

Als Eliteeinheit des osmanischen Reiches und Leibgarde des Sultans haben die Janitscharen (Yeniçeri) mit Ihrer perfektionierten Kampftaktik auf dem Kriegsfeld Eindruck hinterlassen. Besondere Berühmtheit erlangten sie in Europa durch die sogenannte Marsch- bzw. Janitscharenmusik (mehter marşı) – einer Feldkapelle, die jeden Feldzug des Heeres einleitete, um die eigenen Soldaten zu motivieren und den Feind einzuschüchtern. Dabei ist die mehterhane nur bedingt mit den Janitscharen verbunden.

Der Terminus mehter ist gleichzusetzen mit „groß“ oder „sehr groß“. Sie bezeichnet die Musiker des osmanischen Reiches, die mit den höchsten militärischen Privilegien ausgestattet sind und in eigenen Unterkünften, dem sogenannten mehterhane, hausten. Im Abendland wurde die mehterhane als türkische Musik oder, fälschlicherweise, als Janitscharenmusik bezeichnet, da sie stets im Gefolge der Eliteeinheit vorzufinden war. Die mehterhane hat allerdings eine weitaus längere Tradition – in Inschriften vom 8. Jahrhundert wurden entsprechende Kapellen unter den Turkvölkern bereits zu Zeiten der Göktürken erwähnt.

Mehterhane während Kriegszeiten

Die militärisch hervorragend ausgebildeten Krieger marschierten mit eindrucksvollen Fahnen und spielten auf dem Hauptinstrument zurna (Kelegoboe) oder ritten während der Feldzüge auf besonders schön geschmückten Pferden an vorderster Front. Ihnen folgte die zweite Garde, häufig auf Kamelen, die das Feld mit dem davul (Trommel) beschallten. Mit der nafiir (Trompete) wurden verschiedene Taktiken oder Maßnahmen eingeläutet, wodurch die mehterhane vor allem auch als ein Mittel zum Regulieren von Kampfhandlungen eingesetzt wurde. War das Ende der Kampfhandlungen abzusehen, eine Niederlage drohte oder der Rückzug für sinnvoll erachtet wurde, so wurde die Musik eingestellt.

Strategisch wirkte sich der Aufmarsch der mehterhane einschüchternd auf den Gegner aus, da der Charakter der Musik als äußerst kriegerisch empfunden wurde. Ausführlichen Berichten der gegnerischen Kriegsparteien zufolge, konnte das teilweise Tage und Nächte andauernde Musikspiel, besonders bei längeren Belagerungen von Städten, die Bevölkerung demoralisieren und wirkte sich als nicht zu unterschätzender Faktor aus.

Mehterhane während Friedenszeiten

Der eigentliche Ursprung der Janitscharenkapelle ist innerhalb des osmanischen Sultanspalasts und dem Bevölkerungsalltag zu finden. So bildete die mehterhane während Friedenszeiten die Freiluftkapelle des Sultans, die intern in zwei Gruppen aufgeteilt wurden – eine Gruppe, die ihr Domizil im Palast hatten, während die andere außerhalb des Palasts, im sogenannten nevbethane, untergebracht wurden.

Die erste Gruppe war für den Privatbereich des Sultans zuständig und diente als Ensemble zur musikalischen Untermalung Palast-interner Feierlichkeiten oder inoffiziellen Ausflügen des Sultans. Zu den täglichen Aufgaben Letzterer gehörte das Spielen von Morgenmusik vor dem Sonnenaufgang, der Aufruf zum sahur während des Ramadans, vor dem traditionellen Mittagsgebet, zu nächtlichen Sperrstunden sowie bei offiziellen Empfängen, Ehrungen und Militärparaden, etwa für Thronbesteigungen, Beschneidungszeremonien oder Ankündigungen jeglicher Art.

Das Ensemble und die Musik

Eine klassische und reglementierte Besetzung der Kapelle entwickelte sich erst nach der Eroberung Istanbuls 1453. Aus den im 17. Jahrhundert erschienenen Werken des Ali Ufki „Mecmua-i Sâz ü Sez“ sowie „Serai Enderum“ und ç erhält man aufschlussreiche Information über Besetzung und eingesetzte Intrumente der mehterhane. Demnach bestand die Kapelle aus mindestens 54 Spielern die sich nach dem Rang des Anlasses sowie dessen musikalischer Bedeutung richtete. So konnten während einer feierlichen Militärparade mehrere hundert Musiker in einem Kreis aufgestellt werden, in dessen Mitte zwei Kapellmeister – etwa der çorbacıbaşı als militärischer Führer und der mehterbaşı als musikalischer Leiter – das Ensemble dirigierten.

Neben den Hauptinstrumenten zurna und davul, die als Insignien des Sultans galten, bildeten die nafiir (eine Trompete, die auch boru genannt wird), die tabılbaz (große Doppelpauken), die nakkare (kleine Doppelpauken), und der zil (Paarbecken) die Grundinstrumente der mehterhane, welche in späterer Zeit mit der çağana (Schellenbaum) sowie gelegentlich dem kös (große Pauken), der mehter düdüğü (ein flötenartiges Instrument) und def (einfellige Rahmentrommel) abgerundet wurden.

Musikalisch wird die durchdringende Melodie von einfachen Harmoniewiederholungen bestimmt, während dröhnende Trommel- und Paukenschläge den Takt vorgeben. Dabei kann die Struktur unterteilt werden in Marschmusik und Hofmusik. Erstere bedient sich einfachen, sich wiederholenden Melodien die nur selten variiert. Diese Gattung wird als usul ceng-i harb-i bezeichnet. Letztere dagegen nähert sich der Kunstmusik dessen musikalischer Anspruch weitaus komplexer ist und eher einem höfischen Publikum angedacht ist. Diese peşrev-Stücke fanden außerdem in den Hymnen des mevlevi Ordens Verwendung.

Die osmanische Janitscharenkapelle übte in Bezug auf die Weiterentwicklung der Marschmusik recht großen Einfluss auf das Abendland aus. Fiel das Urteil im 17. Jahrhundert noch relativ negativ aus, inspirierte sie die europäische Musikwelt im folgenden Jahrhunderten – nicht nur die Instrumentierung wurde angeglichen und mit klassischen europäischen Instrumenten kombiniert. Bekanntlich animierte die Janitscharenmusik namhafte Kunstmusiker der Wiener Klassik wie Franz Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart oder Ludwig van Beethoven Symphonien „Alla Turca“ zu komponieren.
Wer gerne mal reinhören möchte, kann das hier.

Video von Mehterhane-Marschmusik – Ceddin Deden

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