Pioniere der Tezhib Illuminationen

Pioniere der Tezhib Illuminationen

Im zweiten Teil der Serie „Meisterwerke der islamischen Kunst“ stelle ich euch vier Pioniere der Tezhib Illuminationen vor, die eine Ära geprägt haben und eigenständige Stile hervorgebracht haben.

Islamische Meisterwerke

Die islamische Kulturgeschichte ist reich an wertvollen Kunstwerken. In dieser Serie stellen wir euch Meisterwerke der verschiedenen islamischen Kunstgattungen vor.

Vater der Malerei – Baba Nakkaş

Es ist nur wenig bekannt über Baba Nakkas. Man weiß, dass sein wahrer Name Muhammed Şeyh Bayezid ist. Während das Jahr seiner Geburt sowie seines Todes unbekannt sind, gilt in der Forschung sein usbekischer Ursprung als gesichert. Nach der Eroberung Istanbuls 1453, hat sich die Familie in Istanbul niedergelassen. Seine Arbeiten gefielen Fatih Sultan Mehmed so sehr, dass er dem begnadeten Maler Grundbesitz nahe der Kreisstadt Çatalca überließ, welches noch heute den Namen Nakkas-Dorf trägt.

Baba Nakkas war der Gründer des ersten Dekorationsateliers im osmanischen Hof und damit verantwortlich für die Heranbildung einer Gilde von Künstlern, die die Tezhib Kunst förderten und weiterentwickelten. Mit seinem einzigartigen Stil – eine Mischung der bis dato üblichen rumi und hatayi Richtungen – leistete er Pionierarbeit während seiner Schaffenszeit, welches ihm den Namen „Baba Nakkas“ – Vater der Malerei – einbrachte. Nach seinem Ableben, vermutlich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts während der Amtsperiode Sultan Bayezids II., wurde sein Atelier von seinen Söhnen weitergeführt.

Der „Saz“-Weg des Şahkulu

Als „Saz yolu“ wird die Ausdrucksform bezeichnet, der während der Glanzzeit der osmanischen Künste, zu Lebzeiten des Sultans Süleyman dem Prächtigen, durch den Maler Şah Kulu entwickelt wurde und bis tief in das 18. Jahrhundert große Beliebtheit unter den Künstlern erfuhr. Der Tezhib Stil wurde nicht nur für Keramik-, Stein- oder architektonische Dekorationen eingesetzt, sondern war zudem eine beliebte Form Bücher, Textilien oder Teppiche zu verzieren.

1514 ist der Bagdater Maler Şah Kulu nach der Eroberung der persischen Stadt Tabriz nach Amasya, anschließend nach Istanbul ausgewandert. Von Sultan Kanuni Süleyman wurde er mehrfach für seine Arbeiten geehrt und erhielt zudem ein eigenes Atelier im Hof. Die Beziehung zwischen dem Künstler und dem Sultan war ein inniges, die von gegenseitigem Respektsbekundungen gezeichnet war. 1556 verstarb Şah Kulu vorzeitig, hat aber während seiner Lebzeiten seinen Stil verfeinert und zahlreiche Schüler gelehrt.

Hauptmotive des „saz yolu“ Stils sind Variationen von verschnörkelten, spitz anlaufenden und teilweise Dolch-artigen Formen, die dem klassisch-osmanischem Kunstverständnis zunächst entsprach. Mit spezieller Tinte zeichnete er zudem detaillierte Bilder von Drachen- und Phönix-Motiven, dessen Feinheiten nur mit einem Vergrößerungsglas identifiziert werden konnten und von den traditionellen Miniaturen abwichen. Nach seinem Tod haben viele seiner Schüler diverse Interpretationen des saz yolu probiert und etabliert, so dass der Stil durchaus losgelöst vom klassischen Tezhib gesehen werden darf.

Der neue Naturalismus – Kara Memi

Wissenschaftlich fundierte Kenntnisse über Kara Memi sind äußerst begrenzt – biografische Angaben über sein Leben, Herkunft und Lebensverhältnisse liegen völlig im Dunkeln. Als gesichert darf betrachtet werden, dass er der Schüler des berühmten Şah Kulu gewesen ist und seine Ausbildung vom „saz yolu“-Stil geprägt war. Darüber hinaus war er der Hofdekorateur des Sultans Kanuni Süleymans und hat als ebenjener gemeinsam mit seinem Sohn ein Atelier im Sultanspalast geführt.

Im Gegensatz zu seinem Lehrer hat Kara Memi seine Vorliebe für florale Muster in seine Bilder einfließen lassen und hob sich daher von der Masse der Lehrlinge ab. Während Şah Kulu dem klassisch-orientalischen Stil, trotz aller Neuheiten, die er einbrachte, treu blieb, überwog bei Kara Memi der türkisch-seldschukische Einfluss im Kontext der islamischen Kunst.

Die Flora als Element der Dekoration wurde schon seit den frühen Zeiten der Tezhib Kunst in subtiler Form eingesetzt. Die Neuerung, die Kara Memi einbrachte, war zweifelsohne der Einsatz von naturalistischen Motiven, die, abseits des abstrakten Charakters, zentrale Bestandteile der Tezhib Kompositionen darstellen konnten. Rosen, Tulpen oder Nelken in ihrer natürlichen Form erhielten durch Kara Memi Einzug in die Tezhip und Dekorationskünste der Osmanen.

Die Blumen des Ali Üsküdari

Ali Üsküdari ist die Fortführung dessen, was sich bereits mit dem Kara Memi Stil abgezeichnet hatte – das Malen von floralen Elementen als Zentrum der Bildkomposition. Ali Üsküdari zählt zu den wichtigsten Vertretern des Tezhib, gehört aber gleichzeitig zu den letzten, von den klassischen Stilrichtungen geprägten Künstlern.

Der überwiegende Anteil seiner Kompositionen beinhaltete Blumen, die häufig mit einem speziellen Lack beschichtet wurden. Durch die Vermischung von traditionellen Dekorationen mit europäischen Einflüssen im türkischen Rokoko Stil, erhielten seine Bilder eine Veredelung der Farbnuancen, die im osmanischen Kunstverständnis bis dato gänzlich unbekannt war.

Sein Lebenslauf und biografische Angaben dagegen sind äußerst rar. Fakt ist, dass sein einzigartiger Stil nicht fortgeführt, geschweige denn weiterentwickelt werden konnte. Der Grund hierfür ist wohl auf die magere Quantität und Qualität seiner Schüler zurückzuführen, zumal ein organisiertes Meister-Lehrling Verhältnis des Ali Üsküdari zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht bestätigt werden kann. Übrig geblieben sind lediglich seine Bilder, die noch heute zwar nachgeahmt, aber nicht übertroffen werden konnten.

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