5 Meisterwerke der islamischen Kalligraphie

5 Meisterwerke der islamischen Kalligraphie

5 Meisterwerke der islamischen Kalligraphie

Hier stellen wir euch 5 der wichtigsten Beiträge der islamischen Kalligraphie vor. 5 wertvolle Meisterwerke, die nicht nur der islamischen Welt erhalten geblieben sind, sondern als Kulturgut auch die westliche Welt geprägt haben.

Islamische Meisterwerke

Die islamische Kulturgeschichte ist reich an wertvollen Kunstwerken. In dieser Serie stellen wir euch Meisterwerke der verschiedenen islamischen Kunstgattungen vor.

Die Tughra – Siegel des Sultans

Tughra von Sultan Kanuni Süleyman I.jpg
Tughra von Sultan Kanuni Süleyman I.jpg

Die Tughra ist wahrscheinlich die prominenteste Form der islamischen bzw. osmanischen Kalligraphie. Handgeschrieben und bewusst verschachtelt sowie verschnörkelt, diente die Tughra als imperialer Siegel der Sultane. Dabei vereint sie den Namen des herrschenden Sultans und dessen Vaters, sowie den zugeschriebenen mongolischen oder persischen Titel der jeweiligen Amtsperson.

Die Etymologie des Begriffs „Tughra“ ist – laut Mahmud al-Kaschgari’s „Diwan Lugat at-Turk“ („Sammlung der türkischen Dialekte“) aus dem 11. Jahrhundert – vermutlich zurückzuführen auf den oghusischen (eine frühe türkische Stammeskonföderation) Begriff „tughragh„, als Vereinheitlichung der Begriffe „Siegel“ und „Namenszug“. Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs bleibt allerdings auch nach al-Kaschgari unbekannt.

Die Tughra hat sich über seine etwa 900 jährige Einsatzzeit stets weiterentwickelt; während die ersten Tughras, etwa die des Orhan Ghazis, dem zweiten Sultan der osmanischen Dynastie, noch schlicht und relativ einfach zu konstruieren waren, wurden sie in den folgenden Jahrhunderten immer komplexer und kunstvoller. Der Siegel des Sultans Kanuni Süleyman I. beispielsweise enthält zahlreiche Wörter („Schah Süleyman, Sohn Schah Khan Selims, der immer Siegreiche“), die kompliziert ineinander kalligraphiert sind und besonders dekorativen Charakter aufweisen.

Kanon der Medizin – Avicenna-Ibn Sina

Kanon der Medizin - Deckblatt - Avicenna, Ibn Sina
Kanon der Medizin – Deckblatt – Avicenna, Ibn Sina

Das Deckblatt der ältesten arabischen Abschrift des „Qanun at-Tibb“ („Kanon der Medizin„) ist das berühmteste Werk des persischen Arztes, Physikers und islamischen Philosophen Ibn Sina, auch bekannt unter dem lateinischen Namen Avicenna. Das enzyklopädische Werk zum medizinischen Wissen im Mittelalter enthält persische, griechische sowie römische Traditionen und wurde 15 Jahre nach Ibn Sinas Tod 1052 verfasst.

Das Titelblatt des „Qanun at-Tibb“ – das Standardwerk für die Ärzte Europas –  wurde von sämtlichen Besitzern des Werkes signiert, bis es schließlich in den Besitz des geistigen Oberhaupts der Ismailiten Karim Aga Khan IV gelangte. Die Handschrift besticht vor allem durch die ornamentalen Verzierungen sowie den für die damalige Zeit besonders ästhetischen Illuminationen bzw. Tezhib Dekorationen.

Im Buch fasst Ibn Sina die bis dato bekannten medizinischen Theorien zusammen und fügt seine eigenen Erkenntnisse hinzu, etwa das Tuberkulose ansteckend sei, das Krebsgeschwüre im frühesten Stadium zu behandeln sei oder dass das Herz eine Pumpenfunktionen im Körper innehabe. Darüber hinaus stellt Ibn Sina erstmals die körperliche Verfassung in die Relation zum menschlichen Gefühlszustand und beschreibt die positive Wirkung von Musik auf Patienten.
Der Kanon der Medizin wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrfach ins Lateinische und Hebräische übersetzt.

Kalligraphien auf Blättern

Kalligraphie auf Kastanienblatt, Osmanisches Reich
Kalligraphie auf Kastanienblatt, Osmanisches Reich

Eines der wichtigsten Beiträge des osmanischen Reiches zur islamischen Kunst sind zweifelsohne die kalligraphischen Kompositionen auf Blättern des Kastanienbaums oder der Pappelpflanze. Die Besonderheit liegt darin, als dass die Kalligraphien nicht mit Farbe aufgetragen, sondern aus einer speziellen Biomasse herausgelöst werden.

Zu bestimmten Jahreszeiten werden die Blätter gesammelt und chemisch konserviert. Nach etwa einem Jahr Wartezeit wird schließlich eine Paste aufgetragen, aus der der Kalligraph seine Komposition – vorwiegend als Einzelvers – mit Rußtinte herausarbeitet.

Die Intention des Blattes liegt in Symbolik der islamischen Philosophie, die dem Blatt einen universalen Charakter zuweist – so wie dem Menschen ein inneres Makrokosmos zugeschrieben wird, so beseelt das Blatt die Natur, als Teil von ebenjenem, innerhalb seiner Strukturen. Die Kalligraphie auf einem Blatt, so heißt es, vereint sich mit dem Universum.

Ein wesentlicher Faktor für die Herausbildung dieser besonderen Kalligraphie-Form ist sicherlich die Ähnlichkeit des Blattes mit einem Herzen. Die symbolische Vermittlung zwischen Mensch, Natur und dessen philosophischer Öffnung beginnt mit dieser Analogie.
Das vorliegende Beispiel wurde im 19. Jahrhundert von einem unbekannten Künstler des osmanischen Reiches angefertigt.

Seyh Hamdullah

Sülüs Karalama - Ketebeli - Seyh Hamdullah, 1499
Sülüs Karalama – Ketebeli – Seyh Hamdullah, 1499

Die obige Kalligraphie ist repräsentativ für die Arbeiten des berühmten Hattat Seyh Hamdullah, ein Pionier der islamischen Kalligraphie im osmanischen Reich. Vermutlich im Zeitraum von 1426-1429 in Amasya geboren, war er es, der die ästhetischen Regeln für die Thuluth und Naschi Schriftstile fixierte. Auf Wunsch des damaligen Thronfolgers Sehzade Bayezid II. einen den Türken spezifischen Schriftstil zu entwickeln, zog sich Seyh Hamdullah für 40 Tage in sein Arbeitszimmer zurück und formte die noch heute verwendeten kalligraphischen Schreibweisen. Es heisst, dass sogar der künftige Sultan Bayezid II. so beeindruckt von Seyh Hamdullah’s Kunstfertigkeit war, dass er bereitwillig sein Tintenfass hielt.

Seine Werke waren von so außerordentlicher Schönheit, dass er schon bald den Beinamen „Kıbletül Küttab“ („Qibla der Schriftsteller“) erhielt. Während seiner Schaffenszeit fertigte der Kalligraph eine große Anzahl an wertvollen Werken, darunter 30 Mushaf-i Serif (das heilige Buch des Koran), 50 En’am-i Serif und Cüz (Gebetsbücher und einzelne Fragmente), 121 murakka und kit’a (Alben und Blöcke), 8 wissenschaftliche Abhandlungen und 6 Gebetssammlungen. Ferner dekorierte er diverse architektonische Bauwerke mit Celi-Diwani Kalligraphien, so etwa die Firuz Aga Moschee, die Davut Pascha Moschee, die Bayezid Moschee in Istanbul sowie die Bayezid Moschee in Edirne.

Der blaue KoranDer blaue Koran, Kairouan

Der „blaue Koran“ ist eine im späten 9. und 10. Jahrhundert in der traditionellen Kufi-Schrift geschriebene Fassung des heiligen Koran’s. Sie enthält keinerlei diakritische Punkte und zählt zu den kostbarsten Koranmanuskripten der Welt. Der Ursprung und der Urheber des „blauen Korans“ ist heute unbekannt, Forscher gehen jedoch davon aus, dass die Herstellung der blauen Pergamentseiten sowie die Verschriftlichung in reinem Gold zurückzuführen ist auf die tunesische Stadt Qairawan bzw. Kairuan. Diese Indizien sprechen dafür, dass der Auftrag durch die damals herrschende Fatimiden Dynastie (909-1171) aufgegeben worden sein könnte.

Der blaue Farbstoff wurde vermutlich aus dem Indigo gewonnen – eine Pflanze, die typischerweise als Farbstoff für die tierischen Häute des Pergaments dient. Die zeitgemäße Kufi-Schrift besteht aus reinem Gold, während die Verse durch kreisförmige Marker – sogenannte „Gül“ („Rose“) – aus frisch oxidiertem Silber getrennt wurden. Die Kombination aus blau, gold und silber weist auf ein politisches sowie religiöses Statement – als Demonstration von Macht und Reichtum gegen das byzantinischen Reich – hin.

Der Großteil der Fragmente aus dem „blauen Koran“ befindet sich heute in der Moscheebibliothek in Qairawan. Einige Seiten befinden sich in Museen oder Privatsammlungen.

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