Das islamische Opferfest in Deutschland

Das islamische Opferfest in Deutschland

Das islamische Opferfest in Deutschland

Das alljährliche Opferfest ist eines der zwei wichtigsten religiösen Feiertage im Islam. Auch in Deutschland ehren Muslime die Bereitschaft des Propheten Abrahams (Hz. Ibrahim), seinen Sohn Ismael (Hz. Ismail) in Gottes Namen zu opfern. Abrahams starken Glauben würdigend, ließ Gott durch den Engel Gabriel (Cebrail a.s.) verkünden, dass er ein Schaf anstatt seines Sohnes opfern solle. Wie ein türkischer Moslem in Deutschland das Opferfest feiert, legen wir euch in diesem Artikel dar.

Üblicherweise fängt man Tage zuvor mit dem Bayram-Putz an, was im Klartext bedeutet, dass die ganze Familie durch die Frau des Hauses mobilisiert wird. Dabei hat der Mann des Hauses nur ein ganz knappes Zeitfenster um geschickt den Strapazen zu entrinnen, dessen genauer Zeitpunkt allerdings nur der Frau bekannt ist. Jedem Familienmitglied wird ein bestimmter Bereich des Hauses zugeordnet, welches er / sie mit größter Sorgfalt reinzuhalten hat. In dieser Phase ist der Haushaltsvorstand besonders vergesslich, so dass nicht selten eine mehrmalige Wiederholung der besagten Aufgabe angeordnet wird. Hier – in den “Vereinigten Staaten von Mama” – werden dieser Tage alle demokratischen Rechte außer Kraft gesetzt und es herrscht eine Tyrannei der Mütterlichkeit. Diese geht sogar so weit, dass während des vorbayramlichem Einkaufs sämtliche Kleidung der Hausansässigen sowie Accessoires ausschließlich von Ihr ausgesucht werden, so dass das Ensemble nicht selten modisch etwas gewagter ausfallen kann. Außerdem wird ein Jahresvorrat von Nahrungsmitteln eingekauft, die häufig am Bayrammorgen in einem liebevoll zubereiteten, üppigen Frühstück münden – und üblicherweise auch vertilgt werden.

Am morgen des ersten Bayram-Tages begeben sich die männlichen Mitglieder der Familie in ihren Haute-Couture-Anzügen in die Moschee. Hier trifft sich die Who-is-Who der ansässigen Muslime zunächst zum Beten, um sich anschließend vor der Moschee gegenseitig zu beglückwünschen. Was ein Alptraum für verblüffte Jogger, Busfahrer oder Politessen darstellt, ist für die Muslime eine selten wahrgenommene Gelegenheit alte Kontakte zu pflegen, Neue zu knüpfen und gemeinschaftlich ein Fest zu feiern, auf das sich alle Muslime mit der selben Sorgfalt und Freude vorbereitet haben.

Anschließend geht es zum Metzger des Vertrauens, dem das Schächten nach den strengen islamischen Regeln bekannt ist. Die Opfergabe wird oftmals Tage zuvor ausgesucht und kann, so es denn wiederkäut, ein kleines Schaf oder auch, wenn man in Deutschland fündig wird, ein Kamel sein. Die Aufteilung des Fleisches schließlich ist klar geregelt: ein drittel soll an Bedürftige und ein weiteres Drittel an Nachbarn und Verwandte verteilt werden. Über das letzte Drittel darf frei verfügt werden.

Zu Hause angekommen, das Frühstück hinter sich und alle weiblichen Familienmitglieder, die den Titel “Ehefrau” oder “Mutter” tragen, mit Blumen beschenkt, geht es weiter zu den traditionellen Besuchsgängen. Dabei ist es üblich, dass die jüngeren Familien den Älteren die Ehre erweisen. Man beginnt zunächst mit den Nachbarn, anschließend begibt man sich auf die große Rundreise durch weite Teile Deutschlands, um auch entfernte Verwandte oder alte Bekannte zu besuchen. Nennt man ein Telefon oder einen Computer mit Internetzugang sein Eigen, kann man die Beglückwünschungen durchaus auch abkürzen. Zählt man zu den privilegierten “Nachbarschafts-Ältesten”, empfängt man, über vier Tage verteilt, Besuche aus aller Welt und versüsst den Gästen ihren kurzen Aufenthalt mit türkischem Tee, Backwaren und Baklava.

Für Kinder ist der Bayram das Fest der “Wangenkneifer” und “Schmatzküsse”. Das liegt mitunter daran, dass der ansonsten so freche Schmutzfink, am Bayram zu einem zukünftigen George Clooney mutiert. In erster Linie aber ist der Bayram für Kinder ein äußerst profitables Geschäft; nicht nur, dass sie von den Eltern reich beschenkt werden – ganz ohne Gesang und Kostümen gibt es pro Händekuss außerdem einen Bonus, dessen Wert zwischen einem Werthers Echte und 50 Euro wechselt. Ähnlich wie ein Postbeamter beim Briefmarkenablecken, werden Hände im Minutentakt geküsst, bis die Lippen spröde sind und die Stirn diverse Abdrücke von Mittelhandknochen aufweist.

Den restlichen Abend lässt man dann in ruhiger Atmosphäre ausklingen und geht zeitlich zu Bett, um in den restlichen drei Tagen die nächste Welle von Glückwunschbekundungen anzunehmen. Auch wenn der religiöse Ansatz des Bayram’s weitestgehend einem traditionellem Usus gewichen ist, so fordert und fördert sie weiterhin die Gemeinschaft und die Rückbesinnung auf islamische Werte, die während des Alltagstrott verloren gegangen scheinen. Während des Bayram’s werden erfreuliche und positive Gefühle vermittelt, alte Feindschaften aufgehoben oder auseinander gegangene Freundschaften wieder aufgeblüht. Doch vor allem soll das Miteinander gestärkt und Menschen, denen es dieser Tag nicht gut geht, angedacht werden. Manchmal vergessen wir, dass es eine Welt außerhalb unseres Tellerrands gibt, in der es keine Familienidylle, keinen Wohlstand oder kein Essen gibt. Vergessen wir also nicht die Menschen, die Bayram feiern wollen aber nicht können.

In diesem Sinne wünsche ich euch ein friedliches und gesegnetes Bayram.

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